Erstes Produkt der Fischer-Tropsch-Pilotanlage in Wien-Simmering kommt in Flottentest zum Einsatz

Nachhaltige Gaserzeugung: Eine Technologie mit vielen Möglichkeiten

Die Erzeugung von Synthesegas aus Biomasse oder aus Reststoffen ist eine Schlüsseltechnologie für die Entwicklung nachhaltiger Bioraffinerien. Die Dampf-Gaserzeugung im DFB Verfahren (dual fluidized bed, Zwei-Bett-Wirbelschicht) wurde für holzartige Biomasse im Energiesektor bereits vom Labor- bis zum kommerziellen Maßstab entwickelt. Das COMET Kompetenzzentrum BEST – Bioenergy and Sustainable Technologies GmbH arbeitet mit dem Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und technische Biowissenschaften (ICEBE) der TU Wien seit Jahren an der Weiterentwicklung der Zwei-Bett-Wirbelschicht-Technologie zusammen. In Wien-Simmering betreibt BEST die Syngas Platform Vienna, in der unter anderem an einer 1 MW Demonstrationsanlage zur Gaserzeugung geforscht wird. An dieser Anlage am Gelände der Sonderabfall- und Klärschlammverbrennungsanlage Simmeringer Haide von Wien Energie ist auch der Einsatz von Reststoffen in industrienahem Maßstab möglich. Die Technologie ermöglicht es, über einen thermo-chemischen Umwandlungsprozess aus Reststoffen Synthesegas zu erzeugen, das wiederum in nachhaltige Energieträger wie Kraftstoffe, Erdgasersatz, Wasserstoff oder in Grundstoffe für die chemische Industrie umgesetzt werden kann. Sind die eingesetzten Ausgangsstoffe erneuerbaren Ursprunges (Holz, Restholz, Klärschlamm, biogene Abfälle, …) so sind auch die Endprodukte zu 100% erneuerbar.

BPD Fischer-Tropsch (FT) Syntheseanlage

Im Spätherbst 2022 erfolgte an der Syngas Platform Vienna der erste Testbetrieb einer weltweit einzigartigen Anlage für die Erzeugung von grünen Einsatzstoffen für die chemische Industrie sowie für die Produktion hochwertiger Treibstoffe (Diesel, Kerosin) – eine Fischer-Tropsch Syntheseanlage mit einer Produktionsleistung von 1 barrel synthetischem Rohöl pro Tag (BPD, barrel per day). Die Pilotanlage wurde im Zeitraum 2021-2022 aufgebaut und im Oktober 2022 mit der 1 MW DFB Demonstrationsanlage zur Gaserzeugung zu einer vollständigen Prozesskette verschaltet. Mit der Fertigstellung dieser Anlage wurde ein wichtiger Schritt erreicht, um die Wirtschaftlichkeit der Produktion von Biotreibstoffen der zweiten Generation weiter zu verbessern. Wertvolle Erkenntnisse am Weg vom Labor zur Industrieanlage können gewonnen und die Weiterentwicklung der Technologie bis hin zum Industriemaßstab vorangetrieben werden. Anstatt Abfälle in Strom und Wärme umzuwandeln, wird sauberer Treibstoff produziert, der herkömmlichem Diesel zugemischt wird. Aufgrund der hervorragenden Qualität des FT-Diesels verbrennt dieser mit geringeren Schadstoffemissionen im Dieselmotor und kann somit zur Reduktion von Treibhausgasemissionen (Ruß, Stickoxide) beitragen.

Erstes Produkt und Flottentest im Wiener Linien-Bus

Im Rahmen der Inbetriebnahme und des Testbetriebs konnte erstes Fischer-Tropsch-Rohprodukt produziert und in weiterer Folge vom Projektpartner OMV zu hochwertigem Diesel-Treibstoff aufgearbeitet werden. In einem Testlauf mit einem Wiener-Linien-Bus wird der nachhaltige Biotreibstoff in verschiedenen Mischungsverhältnissen mit fossilem Diesel gemischt und hinsichtlich des Emissions- und Verbrauchsverhaltens untersucht. Laut einer Studie von Joanneum Research liegt beim „Holzdiesel“  die CO2-Reduktion im Vergleich zu fossilem Diesel bei knapp 90 Prozent und kann daher je nach Beimischungsverhältnis eine deutliche CO2-Reduktion erzielen. Ein weiterer Vorteil in der Gewinnung von Diesel aus Holz und biogenen Reststoffen liegt darin, dass dabei keine Konkurrenz zu Nahrungsmitteln besteht. Mit dem Verfahren lässt sich auch Kerosin aus erneuerbarem Rohstoff herstellen.

Vom Reststoff zum Wertstoff

Insgesamt lassen sich mit der thermochemischen Synthesegaserzeugung und nachfolgenden Synthesen Prozessketten etablieren, die das Potential haben, zentrale Bestandteile einer zukünftigen „Green Economy“ zu werden, insbesondere für das waldreiche Österreich. Im Rahmen des Projekts Waste2Value werden Prozessketten zur Herstellung von Kraftstoffen aus Biomasse und Reststoffen bearbeitet. Die Projektleitung hat BEST inne. Neben Wien Energie und SMS group Process Technologies sind auch Wiener Linien, Wiener Netze, die Österreichischen Bundesforste, Laakirchen Papier AG und OMV am Projekt beteiligt. Wissenschaftliche Partner sind die TU Wien und die Luleå University of Technology. Das Projekt wird von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gefördert.

State-of-the-Art Fischer-Tropsch-Katalysatoren

Sasol Chemicals hat seinen kürzlich entwickelten Katalysator für die Fischer-Tropsch-Synthese zur Verfügung gestellt. Der Katalysator ist eine Schlüsselkomponente eines Projekts zur Erprobung des Konzepts der Umwandlung von Biomasse und Reststoffen in hochwertige Produktströme für Anwendungen im Bereich erneuerbare Kraftstoffe. Sasol verfügt über mehr als 70 Jahre Erfahrung in der Fischer-Tropsch-Technologie und ist an zukunftsweisenden Forschungs- und Pilotprojekten beteiligt. Das Unternehmen ist beispielsweise ein führender Partner des CARE-O-SENE-Projekts („Catalyst Research for Sustainable Kerosene“), einem staatlich geförderten Konsortium deutscher und südafrikanischer Industrie- und Hochschulpartner, das die Leistung von Katalysatoren in der FT-Synthese verbessern will, um die großtechnische Produktion von nachhaltigen Flugkraftstoffen (SAF) zu beschleunigen.

2023-04-04

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